Sicherheit vs. Selbstbestimmung – Festanstellung vs. Selbstständigkeit

Oft führe ich dieses Gespräch und oft weiß ich nicht, wie ich es am besten ausdrücken soll, ohne den Gegenüber zu verletzen.

Schließlich sind hier in Deutschland noch die meisten in einer Festanstellung beruflich tätig.

Oftmals kann sich mein Gegenüber die Art und Weise meiner Arbeit und meines Lebens nicht vorstellen. Häufig denke ich daran und bin sehr dankbar und glücklich darüber, dass ich ein solches Leben führen darf. Ich genieße wirklich jeden Tag, den ich selbst planen kann. Wenn ich ihn so erleben kann, wie ich es möchte.

Eine Festanstellung kann ich mir (so hart es klingen mag) nie wieder vorstellen.

Morgens immer zur selben Uhrzeit aufstehen. Vielleicht sogar immer die selbe Bahn zur Arbeit nehmen. Überfüllte Bahnen, Bahnen, die zu spät kommen oder ausfallen. Man stresst sich und alle um einen herum sind gestresst. Schnell zur Arbeit fahren und alles dafür geben pünktlich zu sein. Nur nicht verschlafen, nur nicht schlecht auffallen und hoffentlich pünktlich und bloß nicht zu früh wieder Feierabend machen. Jeden Tag grüßt das Murmeltier.

Man zählt die Tage bis zum nächsten Wochenende und bis zum Urlaub. Freie Tage sind eine sehr große Erleichterung. Man sehnt sich danach und ist frustriert, wenn sie vorbei gehen.

Wenn man sich krank fühlt, rennen die einen meistens ganz schnell zum Arzt, die anderen hingegen quälen sich mit Fragen wie „Kann ich es mir wirklich erlauben krank zu sein?“ oder „Schaffen die anderen es ohne mich? Lasse ich meine Kollegen im Stich?“. Für mich wäre diese Art der Arbeit eine psychische Belastung, die ich vermutlich nicht lange aushalten könnte.

Was mich aber am meisten stört: Man arbeitet nicht für sich, sondern für andere oder für „die“ Firma. Es ist nicht dein eigenes „Baby“. In diesem Fall würde mir mit Sicherheit auch irgendwann die Motivation fehlen. Ich darf bei der Entwicklung der Produkte nicht mitentscheiden, soll aber dafür meine Zeit opfern und sehr gute Arbeit reinstecken. Das und vieles mehr hat mich an der Festanstellung gestört, die ich mal hatte.

Wobei ich zugeben muss, dass es nur ein Praktikum war. Acht Stunden am Rechner, zwei Stunden pro Tag Fahrtzeit, wenig Schlaf und Entscheidungen von „oben“, hinter denen ich nicht stehen konnte.

Ich hätte gerne viele Entscheidungen hinterfragt. Den Kunden beraten und zusammen gemeinsame Lösungen gefunden. Ich war schon damals davon überzeugt:

Ich kann das mindestens genauso gut, wie die von „oben“.

Irgendwann bekam ich auch einen Gips um meinen rechten Arm. Wieso?

Weil ich meine Hand zu einseitig benutzt habe. Ich saß nach meinem Job bis tief in die Nacht am Rechner und kam endlich dazu, Sachen zu machen, die ich wirklich tun wollte. Neue Sachen ausprobieren, eigene Ideen realisieren und und und… Irgendwann tat mein Handgelenk so weh, dass ich schwere Türen nicht mehr aufdrücken konnte. Mein Handgelenk war es gewöhnt nach links und rechts bewegt zu werden, aber nicht nach oben und unten.

Heute weiß ich: Ich könnte nicht mehr zurück. Zumindest nicht, ohne meine eigenen Bedürfnisse ganz weit hinten anzustellen. Ich würde vermutlich depressiv und unglücklich werden. Ja, ich habe ein Problem mit steilen Hierarchien und ja, ich habe ein Problem mit Fremdbestimmung.

Es ist mein Leben, wieso sollte ich 1/3 davon in fremde Hände geben? Schließlich verbringen wir nur noch mit Schlaf die meiste Zeit unseres Tages.

Ich verstehe die Menschen natürlich absolut, die es nicht anders kennen. Die gerne in ihrer Komfortzone bleiben. Die liebend gerne in die selbe Bahn einsteigen, den selben Arbeitgeber haben/behalten möchten. Und vor allem auch die positiven Gründe: Das Gehalt immer da, solange man angestellt ist. Auch wenn es vielleicht mal nicht so viel zu tun gibt oder man krank wird. Das Gehalt wird dennoch auf dem Konto eingehen.

Arbeitslosenversicherung, Unfallversicherung, Renten-, sowie Pflegeversicherung. Das ist mit Sicherheit ein tolles Gefühl (kleines Wortspiel versteckt 😉 ).

Ich verstehe die Menschen, die gerne diese Sicherheit gegen die Selbstbestimmung eintauschen. Viele wählen es bewusst, aber leider gibt es noch sehr viele, die unbewusst diesen Weg gehen werden/müssen.

Ich möchte euch inspirieren, den Mut zu bekommen, auch mal einen anderen Weg zu gehen. Der Zeitgeist ändert sich langsam. Immer mehr wagen den Absprung oder den sanften Übergang, zum Beispiel mit Teilzeit und einer nebenberuflichen Selbstständigkeit. Es ist nicht einfach und es ist nicht weniger Arbeit. Ja, ich arbeite auch am Wochenenende, oder auch mal im Zug oder auch mal Abends um 23 Uhr vom Bett aus.

Der Unterschied liegt darin, dass ich dies tue, weil ich es so entschieden habe. Niemand zwingt mich und das Beste ist: Ich mache es gerne!

Es ist meine Passion, also wieso sollte ich feste Zeiten festmachen? Was ist, wenn ich mal einen schlechten Tag habe. Wieso sollte ich da unproduktiv vor dem Rechner sitzen, meine Zeit absitzen um dann noch frustrierter zu Hause zu landen?

Conni von planetbackpack.de hat es wunderbar erklärt: Wir digitale Nomaden leben meist nach dem holistischem Prinzip.

„Das Konzept “abschalten” brauch ich ja nur wenn ich zu viel arbeite oder etwas mache, das mir nicht Spaß macht. Urlaub ist für diejenigen gedacht, die Arbeit und Leben trennen wollen oder müssen. Bei mir ist alles eines – es ist ein holistisches Lebenskonzept sozusagen.“

Quelle: http://www.liligo.de/reisemagazin/conni-von-planet-backpack-ubers-leben-und-arbeiten-uberall-17314.html

Eine Trennung von Urlaub, Job und Freizeit wird nicht benötigt. Man tut immer genau das, was Spaß macht und dazu gehört der so genannte Job. Ich würde es vielmehr als Tätigkeit bezeichnen, die Spaß macht und Geld einbringt.

Einer Tätigkeit nachzugehen, die keinen Spaß macht, würde mich nur quälen. Und ja, auch das passiert mir. Um solche ungeliebten Tätigkeit schnell zu erkennen, habe ich hier 10 Merkmale notiert.

Ich zahle außerdem auch in keine Rentenversicherung ein. Ich denke da genau wie Conni, dass ich sehr sehr lange so arbeiten werde. Im besten Falle, wird mein passives Einkommen noch bestehen, wenn ich alt bin, auf meinem Bett mit meiner Schnabeltasse liege und langsam meinen Brei schlürfe 🙂

Ich kann nur von mir sprechen und ich tausche sehr gerne die Unsicherheit („für wen werde ich in ein paar Wochen arbeiten?“ – „Finde ich neue Auftraggeber?“) gegen ein Leben mit Selbstbestimmung ein.

Ich gehe gerne an einem sonnigen Tag ein paar Stunden mit meinem Hund in die Natur und genieße die Lebensfreude, die sie mir gibt. Ich arbeite an diesem Tag dann vielleicht nur 3 Stunden, aber diese werden dafür unheimlich produktiv. Wieso? Weil ich glücklich bin und weil ich mich bewusst vor den Rechner setze.

Mich zwingt niemand und ich möchte mein Leben so leben, wie ich es möchte.

Wenn es auf hart auf hart kommt, bleibt immernoch der (in meinen Augen) Rückschritt in eine Festanstellung.

Bist du digitaler Nomade? Wenn ja, siehst du das Thema Sicherheit genau wie ich? Wenn nein, wovor hast du am meisten Angst?

 

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2 Antworten

  1. Roman sagt:

    Hallo Paulina,

    ich habe dich beim PHP Unterricht an der SAE in Berlin (2013) kennengelernt. Ich finde es super was du machst, und stimme dir 100% zu. Ich habe den Schritt zur Selbstständigkeit nach meinem Studium gewagt und bereue überhaupt nichts. Im Gegenteil, es ist jeden Tag spannend und ich fühle mich richtig lebendig. Ich wünsche dir weiterhin viel Glück und geniesse dein Abenteuer!

    Liebe Grüsse
    Roman

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